2011 im Oktober: 4. IVF-Zyklus
Zurück aus dem Urlaub setzte weniger Tage später meine nächste Regelblutung ein. Erneut würden wir eine andere Art der Medikation ausprobieren. "Elonva" war eine Depotspritze. Jedoch nicht wie "Enantone" zur Verhinderung des Eisprungs sondern zur Stimulation der Eierstöcke.

Ich spritzte mir "Elonva" einmalig am zweiten Zyklustag. Ab dem sechsten Zyklustag kam wieder das bewährte Cetrotide zum Einsatz. Ich reagierte sehr gut auf die Depotspritze, musste nicht mehr nachstimulieren und bildete zunächst um die zehn sichtbare Eibläschen, später dann deutlich über zehn. Kurz vor der Punktion merkte ich das auch - ich fand, mein Bauch sah irgendwie wie ein Schwangerenbauch aus und ich musste häufiger auf die Toilette. Laut Ärztin hatten meine Eierstöcke jeweils die Größe einer geschlossenen Faust. *ui*
Am für mich unglaublich frühen 17. Zyklustag trat ich zur Punktion an, für die ich diesmal explizit eine Vollnarkose erbeten hatte.
Der Termin, Freitag, der 21. Oktober, passte ausnahmsweise auch GW sehr gut - ich glaube, wir hatten den einzigen Tag im ganzen Jahr erwischt, an dem er keine Termine hatte. :-)
Ich war sehr entspannt und meinte zur Ärztin, sie könne mich perforieren, wie sie wolle.
Ich saß auf dem üblichen Gynäkologenstuhl, auf dem auch sonst die Punktion durchgeführt wird. Da es eine Vollnarkose gab, konnte GW nicht dabei sein, weil es sonst zu voll geworden wäre: die Chefärztin, eine Arzthelferin, der Anästhesist und noch eine vierte Person, an die ich mich nicht mehr erinnern kann, wuselten um mich herum. Die Chefärztin meinte zu mir: "So, sie werden jetzt gleich schlafen." Ich antwortete: "Ok, bis gleich." und war weg. :-)

Wieder aufgewacht bin ich liegend in dem Bett, das ich schon von den anderen Punktionen kannte. Die Ärztin kam wenige Minuten später und verkündete, dass sie 16 Eizellen punktiert hätte. Zur Qualität könne sie noch nichts sagen, aber es sähe gut aus. Wow!

So schnell fit gefühlt hatte ich mich nach den anderen Punktionen nicht. Was für eine Zahl - 16 Eizellen! Ich war so stolz auf mich! :-)
GW gab wie immer sein Bestes - in gewohnt bester Qualität und drei Stunden, nachdem wir die Klinik betreten hatten, konnten wir sie wieder verlassen.

Zuhause angekommen, war ich dann doch etwas erschlagen und verbrachte den restlichen Tag mit Faulenzen und Lesen. Abends habe ich dann doch wieder seeeehr deutlich meine durchlöcherten Eierstöcke gespürt und mich auch über das restliche Wochenende nur mit Paracetamol gerettet.

Am Sa.morgen kam der Anruf aus dem Labor: 16 Eizellen insgesamt, 6 noch nicht reif, 10 sehr gut, davon 7 befruchtet. Am Mo., den 24. Oktober, würde der Transfer stattfinden und es würden einmal zwei und einmal drei Eizellen eingefroren werden. *jubel* Welch ein Ergebnis! So hatten wir uns das erhofft! Wir hatten jetzt noch drei Chancen auf einen positiven Schwangerschaftstest. Darauf gab's erstmal ein Glas Sekt! :-)

Am So. waren wir bei Verwandtschaft eingeladen. Ich machte mir Sorgen, dass man mir etwas anmerken könnte, weil ich noch etwas Schmerzen hatte. Es ging aber gut - ich denke, keiner hatte Verdacht geschöpft.
Wenn es denn erst einmal geklappt hat, werden GW und ich kein Problem damit haben zu erzählen, wie wir schwanger geworden sind - aber während dessen geht das außer uns niemanden etwas an. Ok, Ausnahme ist meine beste Freundin - irgendwem muss ich von diesen ganzen Erlebnissen und Empfindungen ja erzählen. Sonst würde ich wohl platzen! :-)

Zum Transfer am 24. Oktober kam ich dann erstmal zu spät: erst etwas herum getrödelt am Morgen, dann hatte sich der Hund beim Spaziergang in Gülle parfümiert und die Zeit für die anschließende Hundedusche hatte ich nicht einkalkuliert. Mist aber auch. Die Schwestern begrüßten mich mit leicht vorwurfsvollem Blick. *peinlich*
Ich musste dann eine halbe Stunde warten - gut, konnte mich ja schlecht beschweren. Den Transfer selbst hatte dann die Chefärztin durchgeführt - perfekt. Ich habe nichts gespürt. Die Lage der beiden Krümel war gut.
Zusätzlich zu den vorigen Zyklen nahm ich ab dem Transfer noch Prednisolon und ASS 100 ein. Für beide Medikamente gibt es diesbezüglich zwar noch keine aussagefähigen Studien, aber laut Ärztin sind diese Medis in den USA bei Repromedizinern sehr beliebt und sie würden wohl zumindest auch nicht schaden.
Ach ja, bisher nicht erwähnt, aber von ersten IVF-Zyklus an dabei: Estradot-Pflaster, die ab Transfer regelmäßig auf den Allerwertesten oder den Bauch geklebt werden und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut unterstützen.

Obwohl mehr Eizellen punktiert wurden, hatte ich eine geringere Überstimulation als beim 3. Versuch. Schon am Montag des Transfers ging es mir wieder recht gut und zur Wochenmitte hin waren jegliche Schmerzen der Punktion vom Freitag längst verdrängt.

Wieder begann die Warterei.

Am Samstag, den 29. Oktober, spürte ich Abends zum ersten Mal ein nicht näher definierbares "Ziehen" im Unterleib. Nur kurz. Vielleicht drei mal. Da ich bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Blutungen hatte, wertete ich das positiv und freute mich insgeheim. War es doch zumindest mal anders als bei den vorigen Versuchen!

Doch schon am Montag darauf bekam ich wieder Schmierblutungen. Verdammt!
Ich war untröstlich und froh, dass GW so viele Termine hatte und kaum zuhause war. Ihm zu sagen, dass es wieder nicht geklappt hatte, brachte ich einfach nicht über's Herz. Mir war nur nach Heulen zumute - dabei kann ich mich selbst aber überhaupt nicht leiden. Beinahe jede Sekunde, in der ich nicht an irgendetwas dachte, das mich ablenkte (Arbeit, Projekte, Haus, Tiere ...) hatte ich Mühe, die Tränen zurückzuhalten.

Allerdings ...

... kam mir dann noch eine Sache komisch vor: Dieses Ziehen, das erstmals am Samstagabend auftrat, hatte seit Sonntag fast kontinuierlich angehalten. Es fühlte sich ganz ähnlich an, wie das Ziehen ein oder zwei Tage vor der Regelblutung. Jetzt ging das schon über drei Tage lang so. Und die Schmierblutungen wurden auch nicht schlimmer - sondern weniger. Am Mi. waren die kaum noch vorhanden.
Ich hielt es nicht mehr aus: am Mi.Abend düste ich zu dm und holte mir zwei Schwangerschafts-Frühtests. Einen machte ich direkt noch am Abend: ZWEI Linien. Konnte das sein? Nur neun Tage nach Transfer?
Am nächsten Morgen machte ich den zweiten Test. Ebenfalls ZWEI Linien. Die Schmierblutungen waren komplett verschwunden. Ich konnte es kaum glauben.

Ich schickte eine MMS mit den beiden Teststreifen an meine beste Freundin und an GW. Von beiden kam ein Berg an Smileys zurück. Als GW abends nach Hause kam, grinsten wir uns nur an. Ich glaube, wir haben beide nicht getraut, es laut auszusprechen, aus Angst, das Wort "schwanger" könne etwas so Zerbrechliches tatsächlich zerbrechen lassen ...

Am Freitag, den 4. November, war ich in der Klinik zum Bluttest. Eigentlich sehr früh - da wir aber am Sa. zu einer Weinprobe eingeladen waren, wollte ich gerne wissen, ob ich mir den Alkohol wenigstens gut begründet verkneifen müsste oder ob die Wahrscheinlichkeit hoch wäre, dass ich mir eine weinfreie Weinprobe antue und als Belohnung dann am Montag darauf ein "Negativ" kassiere. Die Ärztin meinte, bei einem so frühen Test könne es sein, dass ein gewisser HCG-Wert nachgewiesen wird, der aber nicht unbedingt eine intakte Schwangerschaft bedeuten muss. Ein klares Negativ wäre aber eindeutig. Naja, ich war gespannt. Aber zuversichtlich gespannt.
Nachmittags das Ergebnis: HCG liegt bei 98! Ein EINDEUTIGES POSITIV!!!!

Ich war so überwältigt, dass ich mich noch nicht mal richtig freuen konnte - vor mich hin grinsend, habe ich mit den Schultern gezuckt und wusste garnicht recht, wo hin mit mir. GW hat mich gedrückt und geknuddelt und wir haben uns ganz fest im Arm gehalten. Wir konnten's beide nicht glauben: nach über drei Jahren Kinderwunsch, zwei Jahren in Kinderwunschbehandlung und über 10.000 Euro ärmer waren wir schwanger!