2012 im März: 24. SSW, 23+5
Wie vereinbart bin ich also bei 23+5 mit gepacktem Köfferchen in der Schwangerenabteilung vorstellig geworden, um mir die Lungenreifespritzen für unseren Nachwuchs abzuholen.
Im Gegensatz zu dem 9-tägigen Klinik-Aufenthalt, den ich vor gut fünf Wochen wegen der Cerclage schon hatte, lief mein Aufenthalt diesmal alles andere als rund und ich bin auch jetzt noch tierisch genervt und noch deutlich verunsicherter, als das zuvor ohnehin schon der Fall war. Doch von Anfang an ...
Tag 1:
Die erste Hiobsbotschaft: Bei dem Abstrich bei 22+4 wurden Bakterien entdeckt, die mit Antibiotika behandelt werden müssen. Wäre ja so weit nicht tragisch. Aber wieso erfahre ich das bitte erst 10 Tage später?! Ich denke, ich bin eine Risikopatientin?! Also bekam ich eine Braunüle (in den Handrücken - super Idee, werte Ärztin ...) und wurde an den Antibiotika-Tropf gehängt. Erste Aussage einer Hebamme dazu: Der Infektionsgrad wäre sehr niedrig. Drei volle Tage Antibiotika würden reichen. Ok.
Dann wurde Blut abgenommen, das nie im Labor ankam, weswegen ich eine Stunde später nochmals angezapft wurde. *toll* Aber ich hatte ja sonst nichts zu tun.
Nachdem ich eine ganze Weile im Untersuchungsraum verbracht hatte, wurde ich in "mein" erstes Zimmer gebracht. Da die Station quasi ausgebucht war, landete ich im ... Wehenzimmer! Ich dachte, ich werd nicht wieder. Der Frau neben mir ging's augenscheinlich noch ganz gut. Die schräg gegenüber stöhnte entweder, wenn sie denn gerade wach war, oder schnarchte, kaum, dass sie schlief. Super. Ich freute mich schon auf die Nacht.
Zwischendrin als "Ablenkung" gab's dann die erste Lungenreifespritze.
Abends ging's bei der Frau neben mir mit Wehen richtig los. Sie wurde gegen 21 Uhr in den Kreißsaal gebracht. Ok, das erhöhte schonmal die Chancen auf eine ruhigere Nacht. Denkste. Die Frau schräg gegenüber legte dann richtig los. Alle 10 Minuten stöhnen, jammern etc. Leider ging aber ihr Muttermund nicht auf, so dass es erst nachts gegen 2 Uhr Anlass gab, sie in den Kreißsaal zu bringen. Davor hatte ich die Schwester schon um Ohropax gebeten. Was freute ich mich - endlich schlafen! Als die arme Frau jedoch in den Kreißsaal gefahren wurde, wurde direkt mein Bett recht unsanft angerempelt, so dass ich trotz Ohropax wieder wach war. *nerv*
Keine halbe Stunde später wurde dann auch schon die nächste Patientin gebracht. Blasensprung. Bis die sich eingerichtet hatte, ihr alles gezeigt wurde und das Licht wieder ausging, war's dann auch schon kurz vor 3 und um 4 setzten bei ihr die Wehen ein. Ich war schon kurz davor, auszuziehen.
Tag 2:
Um 7 wurde die Patientin in den Kreißsaal abtransportiert und der Klinikalltag startete. Blutdruckmessen, Frühstück etc. Grandios.
Nachmittags, nach der zweiten Lungenreifespritze, durfte ich dann in ein 2er-Zimmer umziehen. *juhuuu* Tja, nur dass es der Patientin dort dank Schwangerschaftsvergiftung, unterversorgtem Kind etc. alles andere als gut ging und alle Nase lang Ärzte, Schwestern oder Hebammen das Zimmer belagerten.
Gegen Abend schaute überraschend der Oberarzt herein und meinte, er wolle am nächsten Tag noch einen sog. Fibronektintest mit mir machen, der anzeigen würde, wie es um das Frühgeburtsrisiko in den kommenden zwei Wochen bei mir stehen würde und dann dürfte ich nach Hause. Auf meine Frage, was denn wäre, falls der Test kein gutes Ergebnis liefern sollte, meinte er, dass die Klinik ja nicht aus der Welt wäre und ich eben weiterhin engmaschig überwacht werden müsse. Na gut, damit würde ich leben können.
Auf Dauer nicht leben können würde ich mit diesem nicht vorhandenen Schlaf: aufgrund des kritischen Zustands meiner Zimmernachbarin war einfach wieder nichts mit Schlaf.
Tag 3:
Nachdem diese Frau dann morgens in den Kreißsaal kam und ich das Zimmer einen halben Tag für mich hatte, konnte ich wenigstens ein klein wenig Schlaf nachholen.
Nachmittags wurde dann der sog. Fibronektinabstrich gemacht und anschließend noch ein ausführlicher Ultraschall.
Große Freude: den Zwergen ging's wieder hervorragend! Mit knapp 651 und 657 Gramm sind sie nach wie vor quasi gleichauf, quietschfidel und es ist noch immer alles dran, was dran sein soll.
Mein Gebärmutterhals wurde mit 12 mm vermessen - ein Wert wie auch in den letzten fünf Wochen. Also stabil.
Zwischen Tür und Angel hatte mir dann eine Ärztin noch verkündet, dass der Fibronektinabstrich positiv wäre und bei der nächsten Visite mit mir besprochen würde, was das bedeutet. Aha. Ich fragte mich, was die mir groß Neues erzählen würden ... aber gut, eine Nacht war ich ohnehin noch in der Klinik. Ich würde es schon erfahren ...
Meine Hoffnung, das Zimmer die letzte Nacht für mich alleine zu haben, wurde zunichte gemacht, als eine neue Patientin einzog. Die war so weit fit - es stand "nur" eine Fruchtwasserpunktion an, weil sie wohl reichlich viel Fruchtwasser hatte. Bevor ich mich jedenfalls auf eine Nacht mit endlich mal etwas mehr Schlaf freuen konnte, kam der erste "Tiefschlag". Im Gespräch mit einer Schwester oder Ärztin (weiß ich schon garnicht mehr genau ...) meinte diese, dass ich eher nicht am nächsten Tag gehen könnte, weil ich nicht drei sondern fünf Tage lang Antibiotika nehmen müsste. Aha. Dass nach drei Tagen Antibiotika-Tropf ohnehin nur noch zwei Tage Tabletten folgen sollten, die ich ja auch problemlos zuhause nehmen könnte, war aus deren Sicht kein Argument. *grummel* Ich hoffte auf den nächsten Tag ...
Tag 3:
Mit der morgendlichen Visite begann das große Desaster: Ich erklärte, ich würde gehen wollen, woraufhin die Ärztin widersprach. Mein Gebärmutterhals hätte sich verkürzt und noch wäre ja eine leichte bakterielle Infektion vorhanden. Mein Argument, dass die Infektion ja behandelt würde und dass mein Gebärmutterhals seit Wochen von meinem FA auf 11 bis 13 mm gemessen wird, wenn ich im Gynstuhl liege und nur die Messung in der Woche davor in der Klinik 15 bis 16 mm betrug und in meinen Augen ein einmaliger Ausreißer nach oben wäre, wurde überhaupt nicht beachtet (man könnte auch sagen, nicht ernst genommen). Entschuldigung - wenn jedesmal jemand anderers misst, ist es nicht verwunderlich, wenn auch jedesmal etwas anderes herauskommt. Mein FA misst einmal mit und einmal ohne "Druck" und nimmt einen Mittelwert an. Die Ärztin in der Klinik hatte gänzlich ohne Druck gemessen. Für mich ist damit klar, dass sie einen höheren Wert angibt. Aber ich bin ja nur Laie, ich kann das ja nicht beurteilen. Es geht auch nur um mich ...
Das nächste Argument der Ärztin war dann natürlich der Fibronektintest. Mit negativem Ergebnis könnten wir wohl mit 99%iger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass in den kommenden zwei Wochen nichts passiert. Nun bedeutet ein positives Ergebnis im Umkehrschluss aber nicht zwangsläufig, dass in den kommenden zwei Wochen etwas passieren muss.
Wohl aber zeigt das ein stark erhöhtes Frühgeburtsrisiko in den kommenden 14 Tagen an. Habe ich verstanden. Tja, "dumm" nur, dass ich zwischenzeitlich etwas gegoogelt hatte und somit direkt beim Hersteller die Information fand, dass man den Test idealerweise nicht vor der 24. SSW vornimmt, da bis zu diesem Zeitpunkt Fibronektin so oder so nachgewiesen werden kann und oftmals das "ganz normale Plazentawachstum" anzeigt. Evtl. wurde der Test also schlichtweg in der "Grauzonenzeit" zwischen "normaler Nachweisbarkeit" und "unnormaler Nachweisbarkeit" gemacht, sprich: zu früh? Wie auch immer: der Hersteller gibt auch an (wenn ich es denn richtig verstanden habe), dass die Aussagefähigkeit des Tests bei "symptomatischen" Frauen höher ist als bei Frauen ohne Symptome. Und ich habe bisher ja wieder Wehen noch sonstiges.
Auf meine Frage hin, was denn mit mir angestellt würde, wenn ich in der Klinik bliebe, kam das, was ich befürchtet hatte: nichts. Ich würde beobachtet werden. Falls etwas "passieren würde", wären eben sofort die Ärzte zur Stelle.
Ja super. Und da wundern die sich ernsthaft, dass ich das so nicht akzeptieren mag?!
Als ich meinen Standpunkt erläutert hatte, dass ich trotzdem gehen wolle, weil ich "keinen Mehrwert für mich" sehen könne, wurde extra noch die Oberärztin geholt, um mich umzustimmen.
Aus Sicht der Mediziner verstehe ich ja, dass sie mich dortbehalten wollen: bei einer Risikopatientin wird ein nochmals höheres Risiko festgestellt als bislang angenommen. Aber hey - ich bin auch noch Mensch und nicht nur Gebärmaschine! Die Mediziner können mir ja eben überhaupt nichts Konkretes sagen. Weder, dass alles gut geht, noch, dass und wann etwas passiert. Und trotzdem soll ich dann nicht rein gefühlsmäßig entscheiden dürfen nachdem, was ich für mich für besser halte?! Die Oberärztin besaß in meinen Augen dann sogar die Frechheit zu sagen, ich solle doch mal auf die Neostation zu den ganz Kleinen gehen und mir die ansehen. Hallo?! Auf meine Gegenfrage, ob das etwa alles Frühchen von Müttern wären, die entgegen dem ärztlichen Rat nach Hause gingen, verneinte sie natürlich und meinte, dass sie mir auch nicht garantieren könne, dass nichts passiert, wenn ich in der Klinik bleibe. Ach was.
Das Ende vom Lied war dann, dass ich weiterhin auf meine Entlassung bestanden habe, diese schriftlich unterzeichnen musste ("gegen den ausdrücklichen ärztlichen Rat") und dann - Achtung - gegen 17 Uhr (!) gehen konnte!
Verständnis konnten mir immerhin die Hebammen entgegen bringen, die zwar auch bestätigt haben, dass meine Situation "kritisch" wäre, es aber keinen Wert hätte, in der Klinik zu bleiben, wenn mir dort die Decke auf den Kopf fällt und womöglich ja wochenlang alles weiterhin stabil bliebe.
Es ist ja wirklich nicht so, dass ich mir keine Gedanken oder Sorgen machen würde - im Gegenteil. Ich bin todunglücklich mit dem aktuellen Verlauf und stelle mir ganz oft diese unbeantwortbare "Warum"-Frage. Ich frage mich, was der beste Weg ist, was ich anders machen kann, was richtig ist. Aber ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es sich zumindest "richtiger" anfühlt, zuhause zu sein und alles weiterhin zu handhaben wie in den letzten Wochen, als in der Klinik zu liegen und mich über zig Dinge zu ärgern, die einfach nicht "meinem Leben" entsprechen (Visiten ohne neue Infos, unmögliche Weck- und Essenszeiten, unbequeme Betten, mangelnde Privatsphäre, weniger schöne Schwangerschaftsverläufe anderer Patientinnen etc.).
Sollte ich Wehen spüren oder einen Blasensprung oder irgendetwas in der Art werde ich natürlich schnellstmöglich wieder in die Klinik fahren - garkeine Frage. Aber bis es so weit ist, geht's mir zuhause definitiv besser. Leider stehe ich mit dieser Einstellung relativ alleine dar bzw. bekomme ausgerechnet von der diesbezüglich wichtigsten Person, nämlich GW, keine echte Unterstützung. Er ist der Ansicht, ich solle in der Klinik bleiben, um das Risiko zu minimieren, dass etwas passiert (dabei ist das ja garnicht möglich!). Herzlichen Dank. Entsprechend schief hing hier am Wochenende der Haussegen. Zwar hat er nun akzeptiert, dass ich da meinen Kopf durchsetzen werde, aber leichter macht es mir das auch nicht - mit etwas mehr Verständnis wäre mir weitaus mehr geholfen. Ich würde da gerne ein "Wir schaffen das" hören und kein "Du handelst leichtsinnig und gehst unnötige Risiken ein". Aber vielleicht ist das von einem Mann auch einfach zu viel verlangt in dieser Situation ... *seufz*
Das weitere Vorgehen sieht jetzt im Moment jedenfalls so aus: bei 24+6 bin ich wieder zur Kontrolle in der Klinik. Es wird ein Abstrich gemacht und ein Ultraschall zur Kontrolle des Gebärmutterhalses. Für die 26. Woche wird dann außerdem ein Termin zur nächsten Lungenreife ausgemacht, wozu ich dann wieder stationär aufgenommen werde. Oh man, da kommt jetzt schon Freude auf ... Aber ich bin jetzt schon entschlossen, nach drei Tagen wieder zu gehen, sollte bis dahin nicht etwas völlig Unvorhergesehenes passieren. ;-)
Und mit den beiden Krümeln habe ich heute morgen besprochen, dass sie noch 10 Wochen im Bauch bleiben. Ich hoffe, sie folgen einigermaßen. :-)
eshatgeklappt am 26. März 12
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